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Prof. Dr. Bernhard Rumpe über …

die Herausforderungen der digitalen Transformation städtischer Infrastrukturen

und die Rolle moderner Softwareentwicklung in diesem Prozess.

Portraitfoto Prof. Dr. Bernhard Rumpe

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Bernhard Rumpe leitet seit 2009 den Lehrstuhl für Software Engineering an der RWTH Aaachen. Vor seinem Ruf an die Aachener Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule hatte er an der Technischen Universität München studiert, promoviert und habilitiert. Bis zu seinem Wechsel nach Aachen forschte und lehrte er als Professor für Software Engineering an der TU Braunschweig. 

Als einer der heute deutschlandweit führenden Experten für Software Engineering verbindet Bernhard Rumpe in seiner Arbeit Grundlagenforschung mit praxisnaher Anwendung. Im Projekt C2T unterstützt sein Team die Entwicklung einer zukunftsfähigen Smart City-Plattform.

Wir sprechen mit ihm über das Projekt C2T, die Herausforderungen der digitalen Transformation städtischer Infrastrukturen und die Rolle moderner Softwareentwicklung in diesem Prozess.

„Herr Prof. Rumpe, Sie sind in einer eher kleinstädtisch geprägten Region Bayerns geboren und aufgewachsen. Was hat Sie ursprünglich an der Mathematik und Informatik fasziniert?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Ich war schon immer interessiert an der rigorosen Strenge der Mathematik und auch an der Automatisierung von Abläufen. Irgendwann Ist mir aufgefallen, dass die Logik der Mathematik und die darauf aufbauende Algorithmik der Informatik wesentliche Elemente zur Automatisierung sind, weil sie die gewünschten Abläufe überhaupt erst erlauben aufzuschreiben und damit verständlich machen.“

„Was genau ist Software Engineering?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Software Engineering adressiert die effiziente Entwicklung komplexer Softwaresysteme, wie wir sie heute in zunehmend vielen Bereichen sehen. Etwa 20% der Entwicklung ist das reine Coden, der Großteil beschäftigt sich mit Anforderungserhebung (also: Mache ich das Richtige?), Architektur (Stabilität, Robustheit), Qualitätssicherung, Nachhaltigkeit, Cybersecurity und vielen Themen mehr.“

„Wie hat sich Ihre Perspektive auf die Rolle von Software in Infrastrukturen über die Jahre entwickelt, besonders im Kontext der zunehmenden Vernetzung unserer Gebäude und Städte?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Nur wer gut informiert ist, kann gute Entscheidungen treffen. Dazu benötigt es die Erhebung adäquater Daten genauso wie deren Verarbeitung, Speicherung, und die Ableitung geeigneter Handlungsvorschläge für Gebäudebesitzer und -Nutzer.“

„Heute sind Sie Leiter des Lehrstuhls für Software Engineering an der RWTH Aachen und gelten als einer der deutschlandweit renommiertesten Experten auf Ihrem Gebiet. Was motiviert Sie und Ihr Team dazu, sich im C2T-Projekt zu engagieren?

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Vielen Dank für die Blumen. Tatsächlich bin ich in dem Bereich schon länger sehr aktiv und habe neben der Erstellung wissenschaftlicher Grundlagen auch einer Reihe von Firmen geholfen ihren Entwicklungsprozess umzustellen oder zu optimieren und schönere Produkte zu bauen. Das C2T-Projekt ist relevant, weil es einerseits signifikante energetische Einsparungen im Gebäudebereich erlaubt und damit auf die avisierte C02-Neutralität einzahlt und andererseits, weil es das Potential hat zu zeigen, dass wir Digitalisierung auch in Deutschland in privaten, öffentlichen und verwaltungsnahen Bereichen erfolgreich zum Einsatz bringen können.“

„Im Projekt C2T treffen Komponenten mit extrem unterschiedlichen Lebenszyklen aufeinander – von Wärmenetzen mit 100 Jahren Nutzungsdauer bis zu IoT-Geräten mit täglichen Updates. Welche besonderen Herausforderungen ergeben sich hier für Softwareentwicklung?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Software hat häufig die Anforderung, langfristig und nachhaltig zur Verfügung zu stehen, aber dabei auch regelmäßig aktualisiert und um neue Funktionen erweitert werden zu wollen. Die besondere Herausforderung ist hier, dass der Altbestand an noch nicht digitalisierten Gebäuden nachträglich digital erfasst und zukunftssicher eingerüstet werden will.“

„Das Projekt „Connect To Transform“ wird viele verschiedene Produkte und Systeme verknüpfen. Wie kann unter diesen Bedingungen die Sicherheit der Systeme gewährleistet werden?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Cybersecurity ist ein Dauerthema. Hier hilft eine konsequente Anwendung der mittlerweile recht gut verstandenen Techniken zur Datensicherheit, einschließlich adäquater Nutzerinformation bis hin zum transparenten Umgang mit anonymisierten Datensätzen. Ein digitaler Zwilling weiß viel über den physischen Zwilling (also z.B. das Gebäude), Ist aber auch eine Bastion, die nicht bezwungen werden kann und darf: die Daten bleiben beim Zwilling.“

„Im Zusammenhang mit der Smart City taucht ja immer wieder der Begriff des digitalen Zwillings auf. Was ist das genau und wie kann er zur Optimierung der städtischen Infrastruktur beitragen?!

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Der digitale Zwilling ist ein in vielen Domänen heißt diskutiertes Thema. Er Ist ähnlich dem normalen Zwilling in der analogen Welt: Er kennt den Aufbau und die Struktur des physischen Zwillings, sammelt relevante Daten aus der Nutzungshistorie und weiß daher über Verschleiß, suboptimale Nutzung, Wartungsprobleme, Austausch von Komponenten etc. Bescheid. Ziel ist es, damit bessere Entscheidungen treffen zu können. Dies wird insbesondere wichtig, wenn intelligente Algorithmen (also KI) den Menschen bessere Handlungsvorschläge geben soll.“

„Sie sind auch Gründungsgesellschafter der synavision GmbH, mit der Sie digitale Services für Gebäude und städtische Infrastrukturen entwickeln. Gelingt die Übertragung von Forschungsergebnissen in die Praxis?“ 

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Die Übertragung gelingt uns in der synavision sehr gut und praxisnah. Wir haben es hier insbesondere bei technisch anspruchsvollen Gebäuden geschafft, durch digitale Prozesse hohe Standards für die Gebäudeperformance umzusetzen. Mit C2T rollen wir das jetzt in die Breite des Gebäudebestands aus: Jedes Gebäude muss – im richtigen Maß und mit den richtigen Werkzeugen – digitalisiert werden. Allerdings ist die Dynamik aufgrund der verwaltungstechnischen und gesellschaftlichen Zurückhaltung bei der Digitalisierung in Deutschland und auch am Bau generell immer noch zu wünschen übrig. Deshalb bieten wir in C2T explizit Lösungen für alle Gebäude an und integrieren auch eine Vielzahl innovativer Partner: Gemeinsam können wir schon heute viel bewegen!“

„Welche Rolle spielt KI bei der Entwicklung der C2T-Plattform?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Die sich aktuell schnell entwickelnden KI-Werkzeuge sind ein sehr spannendes Potential, dass wir auch bereits in die synavision-Plattform integriert haben. Die Herausforderung ist aber, die immer noch recht unreifen und fehleranfälligen Werkzeuge zuverlässig in Anwendungen zu integrieren. Sie brauchen eine gute Qualitätssicherung. Das gelingt uns immer besser, sodass wir hier den besonderen Vorteil der europäischen Industrie ausspielen können: Wir haben viele Daten, können die KI-Services gut trainieren und über die synavision-Plattform schnell und robust für alle Gebäude anbieten!“

„Was ist Ihre Vision für die Zukunft vernetzter städtischer Infrastrukturen und welche Rolle wird Software dabei spielen?“

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Rumpe: „Information wird immer wichtiger. Dafür müssen Daten in Echtzeit erhoben, verarbeitet, aggregiert und kondensiert und so den handelnden Bewohnern, wie auch autonomen Unterstützungssystemen zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehört zum Beispiel die Verbindung des Belegungskalenders für einen Besprechungsraum mit Heizung, Lüftung und Licht genauso wie die effektive und dynamisch optimierte zur Verfügungstellung öffentlicher Transportmöglichkeiten nach aktuellem und erwartbarem Verkehrsaufkommen, und vieles mehr.  Deshalb ist C2T ein so spannendes Projekt: Hier haben wir die ganze Stadt als Spielfeld!“